Wie fasten Menschen unterschiedlicher Religionen und Kulturen?
Menschen haben schon immer in allen Religionen und über alle kulturellen Grenzen hinweg gefastet. Richtig gehört. Die Geschichte des Fasten ist nicht nur die Geschichte oder ein Alleinstellungsmerkmal des Christentums. Genaues erfährst du unter dem Abschnitt “Fasten in anderen Religionen”. Nicht alle Kulturen kannten wahrscheinlich unsere 11 Gründe fürs Fasten. Ebenso wenig konnten Sie aus einem reichen Fundus aus den beliebtesten Fastenkuren schöpfen. Dennoch kannten die Menschen während der 2000jährigen Kirchengeschichte die biblischen Fastenvorbilder genauso wie wir heute. Und so haben sich über die Jahrhunderte hinweg ein paar ziemlich abgefahrene Fastengewohnheiten in den verschiedenen Kirchen entwickelt. Über manche können wir heute nur den Kopf schütteln, aber andere können uns als Vorbild dienen.
Fasten während 2000 Jahren Kirchengeschichte
In der frühen Kirche
Bereits in der frühen Kirche des 2. Jahrhunderts fastete man gewöhnlich zweimal die Woche. Zum einen Mittwochs – in Erinnerung an den Versammlungstag des Hohen Rats. Außerdem am Freitag – in Erinnerung an die Kreuzigung Jesu.
Christliche Gemeinschaften begangen das Fasten und das Fasten-Brechen normalerweise zusammen.
Es entwickelte sich zu einem gemeinsamen Akt des Wachens und Betens. Es gab die Möglichkeit bis 15 Uhr (9. Stunde), bis zum Abend oder bis zum nächsten Tag zu fasten.
Das sogenannte Osterfasten war anfänglichals zweitätiges Fasten am Karfreitag und Karsamstag üblich. Im 4. Jh. entwickelte sich daraus ein 6-tägiges Fasten und schließlich ein 40-tägiges Fasten.
In der orthodoxen Kirche kam zusätzlich eine zweiwöchige Fastenzeit hinzu. Sie begann vor Maria Himmelfahrt. Eine 4-wöchige Fastenzeit wurde vor Weihnachten inklusive Heiligabend zum Habitus. Weitere einzelne Fastentage waren verbunden mit dem Verzicht auf tierische Nahrungsmittel und Öl.
In der katholischen Kirche ging es während des Mittelalters hauptsächlich um die Erfüllung von Fastengesetzen bzw. deren Abmilderung. Bis ins 19. Jh.durften nur an 220 von 365 Tagen Fleischspeisen genossen werden. Ab 1960 etwa wurden Fastengesetze stark gelockert. Nur Aschermittwoch und Karfreitag sind als verpflichtende Fastentage geblieben, Allerdings sind eine einmalige Sättigung und eine kleine Stärkung morgens und abends zulässig.
Während der Reformation wurde das Fasten als rein äußerliche Handlung abgelehnt. Besonders der Refomator Zwingli erklärte, dass dadurch Gottes Wohlwollen nicht erlangt werden könne. Martin Luther fastete selbst. Er wies aber darauf hin, dass man „allein durch Glauben“ bei Gott angenehm werden konnte.
Johannes Calvin hielt ebenso an der Fastenpraxis fest. Er legte jedoch drei Zwecke zugrunde:
1. Das Überwinden des Fleisches.
2. Die Vorbereitung der Seelen zum Gebet.
3. Der Ausdruck der Selbsterniedrigung bei einem Schuldbekenntnis vor Gott.
Den Reformatoren gemein war, dass sie nicht die Praxis des Fastens an sich ablehnten. Stattdessen kämpften sie gegen dessen rigide gesetzliche Verpflichtung seitens der Kirche. Sie hoben die Glaubensfreiheit in dieser Frage hervor.
John Wesley war die einzige Ausnahme. Er rief die Glieder seiner Methodistengemeinde zur Urkirchenpraktik auf, jeden Mittwoch und Freitag zu fasten.
Die evangelikale Bewegung entdeckte das Fasten neu. Im Zentrum steht hier allerdings die persönliche, spirituelle Erfahrung. Es wird nicht nur auf Lebensmittel verzichtet, sondern auch auf Schlaf, Freizeitbeschäftigungen o.ä. Ziel ist es, mehr Zeit zum Gebet zu haben.
Fasten in anderen Religionen
Fasten im Islam
Im Islam bildet das Fasten eine der fünf heiligen Säulen und ist somit für jeden Gläubigen obligatorisch. Man fastet während des Ramadan, dem neunten Monat des islamischen Jahres, von Sonnenauf- bis Sonnenuntergang. Nach Sonnenuntergang darf reichlich gegessen werden. Kranke, Kinder und Alte sind vom Fasten befreit.
Fasten im Buddhismus
Fasten wird im Buddhismus als Weg zur Erleuchtung verstanden. Manche Gläubige beschränken sie sich auf kleine Mahlzeiten, um während ihrer Meditationen nicht von einem knurrenden Magen abgelenkt zu werden. Ein voller Magen ist aber auch nicht hilfreich, da er die Konzentration erschwert. Einige buddhistische Nonnen und Mönche essen ganzjährig nur bis 12 Uhr mittags. Wieder andere enthalten sich ganz vom Essen. Sie trinken nur Wasser, um den Körper von innen zu reinigen und den Geist zu befreien. Monatliche Fastentage ergänzen die Fastenkultur, jedoch sind die Fastentage nicht bindend.
Fasten im Hinduismus
Hinduistische Gläubige fasten hauptsächlich als Ausdruck der Buße und um ihre Seele von Sünde zu reinigen. Sie tun es weiterhin, um Segen für sich und andere zu erbitten oder um einen ihrer Götter zu ehren oder sich ihm nahe zu fühlen. Hindus haben keinerlei Vorschriften, wenn es um die Länge oder die Art des Fastens geht. Sie können frei entscheiden, wovon sie fasten wollen und in welcher Form. Bis heute greifen einige Hindus Ghandis Vorbild auf. Sie fasten politisch motiviert, um auf herrschendes Unrecht, Unterdrückung oder Verfolgung aufmerksam zu machen.
Fasten im Animismus
Im Animismus fasten Schamanen und Medizinmänner, um sich dadurch einen Zugang zur Geisterwelt zu schaffen und magische Kräfte anzueignen. Die Mayas befolgten strenge Fastenübungen innerhalb ihrer kultischen Zeremonien. Mancher Esoteriker glaubt, sich durch Lichtfasten ernähren zu können.
Fasten – deine Chance
In den vergangenen Wochen haben wir versucht, dir eine möglichst breite Sicht zum Thema Fasten anzubieten. Wir haben uns Gedanken darüber gemacht, warum und wie wir fasten können. Dazu war es hilfreich sich mit dem biblischen Fasten zu beschäftigen, um eine feste Überzeugung zum Thema zu gewinnen. Um dir einen praktischen Ansatz zu liefern, konntest du hier mehr über die 6 beliebtesten Fastenkuren erfahren. Falls du immer noch nicht überzeugt bist, ob dir Fasten wirklich etwas bringt, erklären wir dir hier, warum du beim Fasten eigentlich auf nichts verzichtest.
Am Ende bleibt dir nur eins: Das Fasten im Vertrauen auf Gott einfach auszuprobieren. Vielleicht startest du zuerst mit einer Mahlzeit und kannst dich dann steigern. Aber denke dran: Nicht die Masse macht’s – sondern die Klasse. Es kommt bei Gott nicht auf die Anzahl deiner gefasteten Mahlzeiten an. Er schaut vielmehr auf deine Motivation und mit welchem Anliegen du zu ihm kommst.
Er will mit dir während der Fastenzeit eine besondere, für ihn reservierte Zeit verbingen.
Dafür wünschen wir dir Gottes Segen!
Autor: Marco Schnell
Quellen:
https://www.religionen-entdecken.de/lexikon/f/titel
www.ojc.de/brennpunkt-seelsorge/2010/fasten/beten-fasten-bibel-kirchengeschichte-bps-1-2010/
Bilderquellen:
http://www.orthodox-bruehl.de/index.php/11-home/42-philippus-fastenzeit
https://de.wikipedia.org/wiki/Mohandas_Karamchand_Gandhi#/media/File:Portrait_Gandhi.jpg